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Manchmal stimmt es einfach

Als ich unseren "Leihhund" im Frühjahr 2019 das erste Mal gesehen habe, hat mich der Gedanke an ihn einfach nicht mehr losgelassen. Abends erzählte ich meinem Mann davon und auch er war ihm, unabhängig von mir, an diesem Morgen im Park begegnet und im Gedächtnis geblieben.


Für uns war klar, dass wir nach unserem Hund, welchen wir vier Jahre lang hatten, keinen  eigenen Hund mehr haben wollten. Es gab einige Gründe dafür. Unser damaliger Labradormischling war absolut liebenswert, aber trotzdem sehr schwierig im Umgang. Er hatte viel Unruhe in sich, einen großen Jagdtrieb, eine unfassbar gute Nase, schwache Nerven bei allem Neuen und ein toller Arbeitshund - aber absolut kein Familien- oder Begleithund.


Mit drei kleinen Kindern konnten wir ihm einfach nicht das bieten was er brauchte und haben uns damals schweren Herzens entschieden, einen neuen Platz zu suchen. Diesen hat er schließlich auch bei einer tollen Familie mit Hundeerfahrung und einem bereits älteren Kind gefunden.


Wir hatten auch immer wieder mit den anderen Hundehaltern und deren Unverständnis gehadert. Immer wieder dieses "Warum lassen sie den armen Hund nicht von der Leine?" "Die wollen ja nur Spielen!" Und viele weitere immer wieder kehrende Fragen.


Das Nächste was uns immer mehr aufgefiel, war die unglaubliche Ignoranz von vielen Hundehaltern. Ich will hier nicht alle über einen Kamm scheren, wir haben dank unserem Hund auch einige liebe Menschen in unserer Umgebung kennen gelernt. Aber es überwogen leider die Begegnungen mit Menschen, welche uns und Nichthundebesitzern gegenüber teilweise ein sehr eigenartiges Verhalten zeigten.


All das wollten wir für uns einfach nicht mehr täglich mit einem Hund erleben.


Nun war es aber so, dass vor allem unser ältestes Kind und das Jüngste immer wieder von einem Hund sprachen. Für uns aber weiterhin klar war - es kommt kein Hund ins Haus. Er lässt sich mit unserem momentanen Lebensstil und den häufigen Fahrten mit unserem Campingbus einfach nicht gut verbinden. Außerdem sind wir eine absolut freiheitsliebende Familie.


Aber da war nun dieser junge Collie, der so gar nicht meinem "Hundetyp" entsprach. Ein Hund mit so langem Fell, eine so lange Schnauze und dann noch so ein riesen Vieh! Doch er ging mir nicht mehr aus dem Sinn. Dabei konnte ich aber gar nicht sagen warum.


Schließlich nahm ich Kontakt zum Besitzer auf und fragte, ob Interesse bestünde, dass ich hin und wieder mit dem Hund spazieren gehen könnte. Da dies auf große Begeisterung stieß, nicht nur auf Seite meiner Familie, sondern auch beim Herrchen, wurde ein Kennenlernspaziergang ausgemacht. Balasai ist ein neugieriger, wenn auch schüchterner, wenig mutiger Hund, trotzdem ging er mir von Anfang an zu.


Seit diesem gegenseitigen Beschnüffeln, dass auch Balasais Besitzer überzeugte, dass wir zurecht kommen würden besucht uns Balasai fast wöchentlich für ein bis zwei Tage. Manchmal ist er auch mehrere Tage hier, wenn die Besitzer mal wegfahren wollen, aber genauso sehen wir ihn auch mal wochenlang nicht, wenn wir wie im Sommer mit dem Bus unterwegs sind.


Diese gegenseitige Beziehung zu dem Hund passt für alle Beteiligten sehr gut. Wir haben tageweise einen liebenswerten Familienhund bei uns, die Besitzer haben ein paar Tage Auszeit oder können auch mal ohne Hund weg fahren.


Obwohl ich selbst nach unserem eigenen Hund überhaupt kein Bedürfnis mehr hatte Hundebesitzer zu sein hat mich Balasai einfach eiskalt erwischt und mich seither nicht mehr losgelassen.
Balasai ist vom Wesen her ganz anders als unser Labradormix. Er ist ruhig, läuft mit der Familie mit und will nicht unbedingt im Mittelpunkt stehen, anhänglich, eher die Tendenz dazu nicht allein sein zu wollen, liebevoll aber unaufdringlich und möchte zu jeder Zeit absolut gefallen.


Wenn er bei uns ist, hat er Freude mit den Kindern zu spielen, von Flo mal gestreichelt zu werden, aber er folgt mir auf Schritt und Tritt oder weiß zumindest immer genau wo ich bin. Balasai orientiert sich stark an mir und fragt immer mit einem Blick bei mir nach, wenn ihm jemand anderes einen Befehl gibt.


Ich habe das Gefühl, dass er es wie ich am Meisten liebt, wenn wir zwei alleine spazieren gehen. Dann sind wir völlig eingespielt, es bedarf weniger Worte, aber viel gegenseitiges Verständnis.


Dieser Hund ist nicht mein Eigentum, was mich aber absolut nicht stört. Ich habe aber auch nicht mehr das Bedürfnis Tiere so unbedingt mein eigen nennen zu müssen. Das hat sich für mich im Laufe der Jahre relativiert. Wir hatten unsere eigenen Pferde, die ich geliebt habe, weil sie tolle Tiere mit wunderbaren Charakteren waren, zwei Katern mit ihrem liebenswerten Eigensinn und den Hund, den wir trotz seiner Macken geliebt haben.
Aber trotzdem waren es auch schon früher Tiere, welche ich nicht selbst besessen habe, die ich aber aus vollem Herzen lieben lernte. Egal ob das erste Pony, dass ich immer wieder besuchte oder andere Pferde, deren Bindung ich viel stärker empfand als die zu unseren eigenen.

Manchmal stimmt einfach alles und das hat mit Besitz absolut gar nichts zu tun. Es hat damit zu tun, dass die Verbindung zueinander, das gegenseitige Miteinander einfach passt, sich gut anfühlt und einem so viel Energie gibt.

Besitz an sich ist nicht wirklich wichtig und Tiere als Ding zu bezeichnen liegt mir auch nicht nahe. Oft werde ich gefragt, warum ich mir nie wieder ein eigenes Pferd gekauft habe, sondern es immer auf einen Wechsel der Reitbeteiligungen hinausläuft. Ganz einfach, weil ich die verschiedenen tierischen Charaktere genauso schätze, wie die meiner Menschenfreunde um mich herum. Und mit einem jeden verbringe ich gerne meine Zeit.


Genauso auch mit Balasai, der mir gefühlt viel näher ist, als es unser Hund jemals war. Weil wir uns in der gemeinsamen Zeit ergänzen und verstehen, weil wir uns freuen, wenn wir uns sehen, jedes Mal aufs Neue wieder.


Weil es einfach passt, so wie es ist.

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